Politik/Recht
Pflichtteilsproblematik beim Berliner Testament
Was muss man im Erbrecht im Falle des Berliner Testament beachten?
Berliner Testament - Rose und Partner hilft
Hamburg, 29.Januar.2017 - [DPR] Wenn Ehegatten ihren letzten Willen formulieren, tun sie das in den allermeisten Fällen mit einem sogenannten Berliner Testament. Dabei werden die gemeinsamen Kinder zunächst enterbt, was die Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen provozieren kann.
Das Berliner Testament ist nach wie vor die beliebteste Testamentsform in Deutschland. Seine Existenz verdankt es einer Besonderheit des hiesigen Erbrechts. Das erlaubt nämlich Ehegatten, gemeinschaftlich ein Testament zu errichten. Unter einem Berliner Testament versteht man dabei regelmäßig, dass sich die Ehegatten zunächst gegenseitig als Alleinerben einsetzen und dann die gemeinsamen Kinder als sogenannte Schlusserben. Ohne eine solche Regelung entstünde beim Tod eines Ehegatten eine Erbengemeinschaft. Die gesetzliche Erbfolge sieht nämlich eigentlich vor, dass sowohl der Ehegatte als auch die Kinder Erben werden.
Gerade bei jungen Familien würde dies aber die wirtschaftliche und rechtliche Handlungsfreiheit des längerlebenden Partners einschränken. Dieser kann dann insbesondere nicht frei über den Nachlass verfügen, zum Beispiel wenn er die gemeinsame Immobilie veräußern will. Aus diesen Erwägungen ist es daher durchaus sinnvoll, die Kinder zunächst außen vor zu lassen und den Ehegatten im Berliner Testament als Alleinerben einzusetzen.
Pflichtteilsansprüche auch bei wirksamer Enterbung
Diese Alleinerbeneinsetzung des Ehegatten bedeutet spiegelbildlich aber auch die Enterbung der Kinder. Zwar sollen diese am Ende natürlich alles erben, aber eben erst, wenn beide Eltern verstorben sind. Eine solche Enterbung ist rechtlich unproblematisch. Das Erbrecht eröffnet die Möglichkeit, auch Abkömmlinge einfach durch Testament zu enterben.
Nahen Angehörigen wie Kindern steht jedoch auch bei wirksamer Enterbung ein Pflichtteil zu. Dieser Beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbrechts. Damit werden die Kinder zwar nicht Erbe in Höhe des Pflichtteils, erhalten aber einen Anspruch auf Geldzahlung gegen den alleinerbenden Elternteil. Die Geltendmachung solcher Ansprüche ist regelmäßig von den Eltern nicht gewollt, da sie dem aufgezeigten Gestaltungsziels des Berliner Testaments entgegenläuft.
Pflichtteilsverzicht ist wirksamer als Strafklauseln
Wie bekommt man also die Kinder dazu, im ersten Erbfall „die Füße stillzuhalten“? Eine beliebte Gestaltung sind sogenannte Pflichtteilsstrafklauseln. Diese legen fest, dass die Kinder, die bereits beim ersten Erbfall ihren Pflichtteil einfordern, auch für den zweiten Erbfall automatisch enterbt sind oder zumindest noch enterbt werden können. Die zweite – etwas offenere – Variante der Klausel ist zumindest immer dann sinnvoll, wenn die Möglichkeit besteht, dass Pflichtteilsansprüche auch mit Zustimmung aller Beteiligten geltend gemacht werden sollen. Das kann zum Beispiel geboten sein, um Erbschaftsteuer zu sparen.
Im Ergebnis kann eine Pflichtteilsstrafklausel zwar die Wahrscheinlichkeit einer Pflichtteilsproblematik reduzieren, weil die Geltendmachung für die Kinder unattraktiver wird. Eine Sicherheit oder Garantie ist darin aber nicht zu sehen. Der einzig sichere Weg ist daher ein Pflichtteilsverzicht der Kinder für den ersten Erbfall. Im Zusammenhang mit dem Berliner Testament oder gleich im Rahmen eines Erbvertrags kann ein solcher Pflichtteilsverzicht vor einem Notar wirksam erklärt werden. „Verkauft“ werden kann den Kindern ein solcher Pflichtteilsverzicht gegen eine Abfindungszahlung oder eine vertraglich gesicherte Erbenstellung beim Tod des zweiten Elternteils.
Weitere Probleme beim Berliner Testament
Das Pflichtteilsrecht ist nicht der einzige Stolperstein des Berliner Testaments. Die Enterbung der Kinder im ersten Erbfall kann auch aus erbschaftsteuerlicher Sicht problematisch sein. Schließlich verschenkt man zunächst einmal die persönlichen Freibeträge der Kinder, immerhin 400.000 Euro je Kind. Und beim zweiten Erbfall kommt es noch mal dicke, wenn dann das ganze Vermögen auf einen Schlag an die Kinder fällt und deren Freibeträge plötzlich dafür nicht mehr ausreichend sind.
Sehr komplex sind zudem die Fragen der Bindungswirkung eines Berliner Testament. Eine solche Wirkung haben sogenannte wechselbezügliche Verfügungen der Ehegatten. Solche Verfügungen im Testament (in der Regel sind die Erbeinsetzungen betroffen) können dann nur noch von den Ehegatten gemeinsam ohne weiteres geändert bzw. widerrufen werden. Der einseitige Widerruf ist dagegen an eine besondere Form geknüpft und ist nach dem Versterben des Partners sogar nur dann möglich, wenn eigene Erbschaft ausgeschlagen wird.
Der Klassiker Berliner Testament hat es also dermaßen in sich, dass testierfreudige Ehegatten sich die rechtliche Reichweite im Vorfeld genau durch den Kopf gehen lassen sollten.
weiterführender Link: Berliner Testament
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Autor: Lars Rose erschienen: 31.01.2017 [pdf-download]